Kraichgauer Mundart

Südfränkische Mundart 

 

Barbara Novak 2006

 

Die politische Zersplitterung des Kraichgaus, bewirkte, dass es hier weder eine einheitliche Mundart noch einheitliche Trachten, Sitten und Bräuche gab.

Im Folgenden soll näher auf die Unterschiede zwischen den einzelnen Mundarten eingegangen werden

Im Rheinfränkischen sagt man zur Pfalz – P’halz, zu Pfarrer – P’harrer, zu Pfund – Pund, zu Apfel – Appel.

Im Südfränkischen sagte man anstatt Anna – Ånnā, zu Freut – Freit, zu Östringen – Eeschdringä.

Im südlichen Teil des Kraichgaus sagt man anstatt Sonne – Sunnā, zu  müde – miid.

In der nördlichen Hälfte des Kraichgaus sagt man, anstatt hat - hot. (Vgl. Echner-Klingmann, 2000)

 In der südfränkischen Mundart kommen Laute vor, die es in der hochdeutschen Standardsprache nicht gibt. Es ist einerseits ein Laut zwischen a und o, der hier mit  „å“ wiedergegeben wird  und andererseits ein dumpfer, a-haltiger Murmelvokal, der hier mit „ā“ wiedergegeben wird. 

Å, å = Laut zwischen „a“ und „o“.

Å, å - bedeutet ein offenes „O“, d.h. nasales „O“ bzw.

Å wird ausgesprochen wie der Anfangslaut des „eu“ in dem Wort „Eule“ oder das „a“ in dem Wort „Chance“.

 

Ā, ā = Laut zwischen „e“ und „ä“.

Ā wird ausgesprochen wie das dumpfe „e“ in den Wörtern „Vater“, „Mutter“, „singen“.

Beispiele:

åånā, glåånā, dāhååm = einer, kleiner, daheim

 

Oft ersetzt man in Mundartwörterbüchern den „å“ durch ein „o“ und den „ā“ durch ein „e“ oder „ä“.

Mancher Buchstabe wie "P" ausgesprochen, wird „B“ geschrieben, „T“ ausgesprochen, wird „D“ geschrieben, damit das Wort leichter zu lesen ist. 

Anneliese Banghard geborene Heid, Jahrgang 1927, wohnt heute in Flehingen ist eine Lehrertochter, die in mindestens zehn Ortschaften des Kraichgaus, eine Zeitlang wohnte. Sie berichtet folgendes: „Als Kind musste man die Ortmundart sprechen können, sonst durfte man nicht mitspielen“. Sie fand aber schnell heraus, dass es, abgesehen von einigen Ausnahmen, fast immer die gleichen Wörter waren, die benutzt wurden. Lediglich die Aussprache war manchmal verschieden.

Zum Beispiel fiel die Betonung manchmal auf die ersten, mittleren, oder letzten Buchstaben. Das „r“ wurde manchmal ausgesprochen, nicht so betont oder ganz weggelassen.

Einige Beispiele: Wäddäbuch oder Wädäbuuch = Wörterbuch

Manchmal wurde das „e“ in der Vorsilbe „Ge“ weggelassen: Gesagt = gsagt oder gsat oder gsaagt. Manchmal wurde das „d“ weggelassen: stendich oder stennich = immer.

Manchmal wurde „g“ durch ein „j“ ersetzt: z.B. Schlegel = Schlejl.

Das „e“ wurde durch ein „i“ ersetzt: z. B. manche = manchi.

zwaa oder zwuu = zwei

 

Der Unterschied zwischen der südfränkischen, alemannisch-fränkischen Mundart und der alemannisch-schwäbischen Mundart:

wo die Schwaben, nur können, hängen sie ein „le“ an:

Südfränkisch                     Schwäbisch

jetzt                                       jetzātle

Was?                                     Wasāle?

Gries Gott.                           Gries Gottle.

 

Anstatt „å“ sagen die Schwaben „åi“:

Südfränkisch                      Schwäbisch 

håm                                        håim             

åånā                                       åinā               

nå                                           nåi

Anstatt „b“ wird in der südfränkischen Mundart häufig „w“ gesagt.

Südfränkisch                      Schwäbisch         

Heigawwāl                          Heigabl                 

Schnaawl                              Schnaabl                

Iiwung                                   Iibung                   

 

Alltagsbeispiele:

Südfränkisch                    Schwäbisch          

gwest                                  gwe                        

miid                                     müad                      

mir laafā                             mir laufet              

 

So manche Prägung wurde auch vom Lehrer in einer Gemeinde hergeführt.

Elfriede Letterer schreibt in dem „Brettener Jahrbuch für Kultur und Geschichte“ (1956, S: 77): „So mancher Ausdruck, manche Wortfügung, ja sogar die Lautgebung, die der alten Generation noch durchaus geläufig waren, werden von der Jugend durch äußere Einflüsse verändert, vergessen oder gar belacht.“

 

Dr. Rudolf Post schreibt im „Kraichgauer Wortschatz von Marliese Echner - Klingmann“ (2001, S. 14): „Der hier angedeutete Reichtum und die Vielfalt der mundartlichen Lautung und des Wortschatzes sind das Ergebnis einer jahrhundertelangen Entwicklung. Mundarten sind also nicht heruntergekommenes oder gar schlechtes Hochdeutsch, denn die Mundarten haben im Verhältnis zum Hochdeutschen eine viel längere und dazu eigenständige Geschichte. In den Mundarten tritt eine über viele Generationen tradierte Volkskultur zu Tage, die mit Recht als wertvolles Kulturgut angesehen werden kann“.